Reizend: Urlaub mit Reizdarm, Unverträglichkeiten und Co? Na klar!
Mein “Sommer”-Urlaub steht kurz bevor, in ein paar Stunden geht’s nach Südfrankreich und hoffentlich noch mal ein bisschen Sonne tanken. Ich kann es ja kaum erwarten! Der Urlaub hat mich aber auch zu einer Idee gebracht: Verreisen mit Unverträglichkeiten und was dazu gehört. In meinem Fall vor allem Urlaub mit Reizdarm. Kann das überhaupt gut gehen? Und wie? Genau darum soll es heute gehen. An der Stelle solltet ihr euch kurz einen Kaffee machen, der Text wird etwas länger;-)
Wenn ich mich zurück erinnere, waren Urlaube vor einigen Jahren für mich noch eine “reizende” Sache. Allerdings im wahrsten Sinne des Wortes und ziemlich unangenehm. Jede Reise war für mich weil es mir körperlich so schlecht ging furchtbar anstrengend und alles andere als erholsam. Ich konnte gar nichts genießen, so schön Land und Begleitung eigentlich auch waren. Am Anfang ging es immer noch, wurde aber von Tag zu Tag schlimmer. Ich rede hier nicht nur von längeren Aufenthalten im Ausland, sondern auch schon über ein Wochenende in Österreich oder ähnliches. Jedes Mal konnte ich es eigentlich kaum erwarten wieder heim zu kommen — denn dort ging es mir wieder schlagartig besser. Verrückt. Viel später erfuhr ich übrigens von einem Facharzt, dass das gar nicht so verrückt sei, aber das ist eine andere Geschichte;-) Jeder, der eine Allergie, Unverträglichkeit und/oder am besten noch eine chronische Magen- oder Darmgeschichte hat, wird mir wahrscheinlich zustimmen wie stressig das sein kann. Stimmt’s? Vor allem, wenn man im Ausland ist (und im schlechtesten Fall nicht mal die Sprache spricht). Wenn man aber ein paar Sachen beachtet, kann so ein Urlaub auch wirklich richtig gut laufen! Mittlerweile verreise ich nämlich nahezu problemlos und habe dort wirklich Spaß im Urlaub.
Deshalb möchte ich meine bewährten Tipps und Tricks mit euch teilen, mit denen der Urlaub wirklich reizend wird. Positiv versteht sich!
Urlaub mit Reizdarm & Co. — Allgemein:
- Alleine verreisen — klingt erst mal so naja. Aber: Das macht unglaublich viel Spaß! Eine der tollsten Reisen hatte ich, als ich eine Woche alleine in Rom war. Und ich kann sagen, alleine verreisen lässt bei mir schon mal den Großteil aller Probleme verschwinde. Die Erklärung ist relativ simpel: Je unanhängiger man von anderen ist, desto weniger Beschwerden hat man. Heißt: Wenn ich einen eigenen “Rückzugsort”, also Zimmer und Bad für mich habe und mich nicht nach anderen richten muss, kann ich auch mit anderen Urlaub machen. Ihr Reizdarmler/-innen kennt dieses Phänomen wahrscheinlich sogar auch aus dem Alltag, nech? Dito.
- Appartment mieten — mit Kochmöglichkeit ist natürlich das Nonplusultra. Natürlich ginge auch ein Hotelzimmer — aber warum, wenn ich weder Frühstück noch all inclusive essen kann? Ich zahle also nur drauf. Private Unterkünfte mag ich auch sehr, weil man da mit den Einheimischen in Kontakt kommt und so wirklich wertvolle Infos kriegen kann. Von Essen bis nichttouristische Ausflugstipps. Ich hasse “Mainstream”-Urlaub;-)
- Wichtigste Begriffe in die Landessprache übersetzen — praktisch, um Zutatenlisten lesen zu können. Ich schreib’ mir immer eine Liste auf dem Smartphone mit den Begriffen, die ich unbedingt im Essen vermeiden muss. Also Laktose, Gluten, Zwiebeln usw. Und umgekehrt die Nahrungsmittel, die ich suche. Damit ich auch mal fragen kann, wo ich eine Mandelmilch bekomme oder einen Biomarkt finde
- Essen so bestellen wie man es will — Ich bin was Essen betrifft ziemlich einfach gestrickt. Ich muss im Urlaub nicht essen gehen. Aber mach’ es trotzdem gerne mal. Damit nichts schief geht, sagt genau was ihr wollt. Das mache ich übrigens auch hier im Restaurant. Und seid nicht zu scheu, das Essen auch wieder zurück zu geben wenn es falsch kommt. Ich hab’ beim Italiener schon ausdrücklich ohne Gewürze bestellt. Ein italienischer Bekannter hat ausdrücklich auf italienisch klar gemacht, dass ich absolut KEINE Gewürze und Kräuter vertrage. Was soll ich sagen, sie mussten noch mal kochen. Und das hat dann wunderbar funktioniert. Essen gehen geht also, im Ausland ist hier halt ein wenig Sprachkenntnis von Vorteil
- Der Tag davor — ist wichtig. Hier wird so reizarm wie möglich gegessen. Wenn es einem auf der Hinreise nämlich schon nur so lala geht, kann eine längere Fahrt oder ein Flug ziemlich ätzend werden. Also macht keine Experimente und esst, was ihr sicher vertragt
- Akzeptanz — fällt auch mir nicht jedes Mal leicht. Aber es ist wirklich so, wenn man eine schlechte Phase hat, wird es nur noch viel schlimmer, wenn man sich aufregt und alles versucht, damit es besser wird. Aber ich hab’ gelernt, dass das Schlüsselwort “Aussitzen” ist. Sich bewusst sagen, dass es jetzt halt so ist und man damit leben muss. Das ist schwierig wenn es einem echt schlecht geht, aber so macht man sich nicht noch mehr Stress und Druck und der Magen bzw. Darm beruhigt sich viel schneller. Probiert das ruhig mal aus:-)
- Reiseapotheke — Medikamente wirken bei mir ja gar nicht. Null, nada. Kein Iberogast, keine Flohsamen oder sonstiges, nicht mal Magen-Darm-Tee (wegen der Kreuzallergien). Deshalb besitze ich quasi keine Reiseapotheke. Was ich aber immer mitnehme, ist Dulcolax. Ein Abführmittel. Das ist nämlich gegen das Haupt-Problem, welches mir meine Reisen jahrelang zur Hölle gemacht haben. Ich muss aber sagen, dass ich seit über 4 Jahren keine Tablette mehr davon nehmen musste, seid ich alles andere beachte. Trotzdem kommen sie immer noch jedes Mal mit. Einfach für’s gute Gefühl. Wer das Problem immer noch hat, ich kann die Tabletten empfehlen.
- Wochenmärkte — schaut im Urlaubsgebiet, wo und wann Markt ist. Es gibt nahezu überall einen. Dort kann man sich prima eindecken und kriegt eben, was man so braucht. Wenn man eine Kochmöglichkeit hat, kann man sich umso besser dort eindecken.
Urlaub mit Reizdarm & Co. — Fresspaket:
- Avocado, Mini Salzstreuer, Taschenmesser, Plastiklöffel — die absolute Standard-Ausstattung! Nehm’ ich übrigens auch mit, wenn ich mal einen Tag unterwegs bin, zum Beispiel in die Heimat fahre oder weiß, dass ich tagsüber geschäftlich unterwegs und nicht sicher bin, ob ich etwas Verträgliches bekomme
- Reismilch / Pflanzenmilch — ich nehme IMMER welche mit! Im Urlaub einen ganzen Tetrapak. Erfahrungsgemäß dauert es je nach Ort nämlich eine Weile, bis man eine Pflanzenmilch findet und wenn’s dumm läuft, ist die auch noch horrend teuer. Schweiz zum Beispiel, da lässt man gerne mal 5 CHF als 5 € dafür liegen. Hier ist das Appartment dann wieder prima, denn dort gibt es oft auch einen Kühlschrank. Aber selbst wenn ich hier einen Kaffee trinken gehe, nehme ich ein einer kleinen Flasche oder in einem Thermosbecher meine Milch mit, wenn ich weiß, dass es nicht angeboten wird. Bisher hab’ ich damit nur gute Erfahrungen gemacht. Im Café ist das überhaupt kein Problem und meine Familie und Freunde freuen sich, dass ich nicht verzichten muss. Viele sind sich einfach unsicher, was ich vertrage und was nicht und so sind alle versorgt und zufrieden.
- Mini Reiswaffeln mit Geschmack — die gibt’s in der Drogerie in der Babyabteilung und sind nicht nur super lecker, sondern auch total praktisch für unterwegs. Wenn ich wandern bin, ist immer mindestens eine Tüte im Gepäck. Gibt’s zum Beispiel mit Mango, Apfel oder Heidelbeer-Geschmack.
- Gesalzene Maiswaffeln — der große Bruder der kleinen Waffeln;-) Die gesalzenen Maiswaffeln mag ich sehr, noch mehr als Reiswaffeln. Sie sind für Reisen echt praktisch und lassen sich auch prima mit der Avocado belegen
- haltbarer Tofu — ist auch ein toller Reiseproviant und völlig unempfindlich, weil er auch nicht gekühlt werden muss. Ich mag den Räuchertofu und Mandel-Nuss-Tofu von Alnatura, den könnt ihr in Scheiben auf die Waffeln legen.
- (selbstgebackenes) Brot — ich nehme ganz oft mein eigenes Zuchini-Brot für die Fahrt mit, das ist total nahrhaft, hält lange satt und ist verträglich. Durch das Ei allerdings nicht für mehrere Tage geeignet, also wirklich nur für die Reise.
- Nüsse — auch immer ein super Begleiter, wenn man sie verträgt!
Warum das alles? Weil man so erstmal eine “Grundversorgung” hat;-) Ich muss mir bei der Ankunft nicht erstmal panisch Gedanken machen, wo und ob ich überhaupt was Verträgliches zu Essen bekomme. Oft kommt man auch erst (spät) abends an, oder hat außerplänmäßige Verspätungen und ist länger unterwegs, da ist es noch mal schwieriger. Und ich vermeide das. Mit meinem Fresspaket kann ich ganz entspannt in den Urlaub starten. Ich bin auf jeden Fall am Tag der Anreise und am nächsten Morgen grundversorgt und kann mich ganz in Ruhe auf die Suche nach einem Supermarkt, Biomarkt oder whatever machen und mich ausstatten. Übrigens hat das einen wirklich geilen Vorteil, auf der Hinfahrt alles mitzunehmen (vor allem wenn man fliegt und Gewichtsgrenzen hat). Ihr schleppt das ja auf der Rückreise nicht mehr mit und habt so automatisch Platz und Puffer für eure geshoppten Sachen — voll clever oder? ;-)
Urlaub mit Reizdarm & Co. — Don’ts:
- am Vortag — auf keinen Fall irgendwas essen, das Gefahrenpotenzial hat. Das ist wirklich hilfreich, wenn man am Anreisetag beschwerdefrei ist. Dadurch vermeidet ihr auch diese Panikspirale “Oh Gott mir geht’s jetzt schon so schlecht, wie soll das nur im Urlaub werden?!” Zack macht der Magen noch mehr Stress. Man macht sich noch mehr Gedanken usw. Ihr versteht mich, oder?;-)
- Stress — genau, den vermeiden wir durch die oben genannten Punke. Und den vermeiden wir auch im Urlaub. Ich mach’ das so: Wenn ich an einen kommenden Urlaub denke sage ich mir “Naja, zur Not liegst du halt einen Woche im Appartment/am Strand/… und liest”. Aber es “passiert” ja nichts. Und wenn es mir an einem Tag nicht so gut geht, dann weiß ich mittlerweile aus Erfahrung, dass jeder Tag ein neuer Tag ist und es mir am nächsten zu 90% wieder gut geht. Das klappt dadurch, dass sich meine Körper durch meine Ernährung mittlerweile ziemlich schnell regenerieren kann, wenn ihm mal was nicht gepasst hat. Und das ist fast immer der nächste Tag. Das entstresst die Gedanken, man kommt nicht in die “Orr der Urlaub ist gelaufen”-Spirale und der Darm bleibt auch ruhig. Alles easy.
- während der Anreise — keine Experimente! Also eigentlich ganz einfach. Essen und trinken was man verträgt. Wenn man genug dabei hat, dann wird man nicht hungrig und muss sich unterwegs nichts Unverträgliches oder Unbekanntes holen. Heißt also umgekehrt: Essen nicht zu Hause vergessen oder zu wenig mitnehmen. Ihr wisst ja, mit der Deutschen Bahn oder Lufthansa kann so eine Anreise auch mal länger dauern..
Klar, alles was ich hier aufschreibe, muss natürlich immer auf die Reise angepasst werden. Bei einem Flug wird das Fresspaket natürlich vorher angepasst. Was geht kommt in den Koffer. Je nach dem wie die Unterkunft ausgestattet ist und wie lange ich weg bin, desto (un-)flexibler bin ich. Genauso kommt es auf das Reiseland und landestypische Nahrungsmittel und auch Sprachkenntnis oder Nichtkenntnis an. Aber im Großen und Ganzen richte ich mich nach allen den aufgeführten Punkten. Und zum Schluss noch Folgendes:
Was aber auch mal sein muss
Beim Essen draufgängerisch sein! Ich liebe Essen verdammt noch mal! Und wenn ich könnte, würde ich alles Essen wonach mir gerade der Sinn steht. Und ich will meinen Urlaub auch kulinarisch genießen. Heißt, wenn ich in Italien Lust auf eine Pizza habe, dann gibt es eben Pizza. Wenn ich am Meer Lust auf Meeresfrüchte habe, so what? Dann nehme ich auch in Kauf, dass es mir halt mal einen Tag lang nicht so gut geht. Ich achte lediglich darauf, dass ich dann eher Abends esse und nicht tagsüber — dann “verschwende” ich nicht den ganzen Tag, falls ich das Essen nicht vertrage. Und ich esse nichts, was wirklich gar nicht geht und ich weiß, dass die Auswirkungen verheerend sind — Zwiebeln, Pilze, Paprika und solche Biester. Und wenn ich im Wetterbericht sehe, dass das Wetter am nächsten Tag eh nicht so toll sein soll umso besser, dann kann ich auch mal kulinarisch über die Strenge schlagen. YEHA!!
Das Ende vom Lied, der Anfang vom Urlaub mit Reizdarm
Sieht jetzt ziemlich viel aus und wahrscheinlich schlagen einige die Hände über dem Kopf zusammen, angesichts der riesigen Vorarbeit. Aber ich kann euch beruhigen — für mich ist das mittlerweile total normal und auch absolut nicht mit Mehraufwand verbunden. Ich mache ja nicht mehr als jeder andere vor seinem Urlaub, ich mache es nur anders. Und das alles schränkt mich auch nicht ein oder macht mich “traurig”, ganz im Gegenteil! Ich hab’ so das Alleinreisen für mich entdeckt und ich liebe es. Ich würde das (fast) immer einem Urlaub mit Begleitung vorziehen. In meinen Reisen hatte ich die tollsten Erlebnisse und auch Begegnungen und würde das nicht tauschen wollen.
Die ganzen Tipps gelten übrigens, wie teilweise schon geschrieben, nicht nur für den Urlaub! Ich mache das auch bei Geschäftsreisen, wenn ich Tagesausflüge oder -besuche mache oder generell länger unterwegs bin und weiß, dass ich früher oder später was zu Essen brauche. Selbst wenn ich am Ende alles unangerührt wieder mit nach Hause nehme lohnt sich das. Warum? Das ist eigentlich ganz einfache Psychologie;-) Das Wissen, dass man auf jeden Fall einen Plan B hat, nimmt einem total viel Stress. Glaubt mir, ihr werdet viel gelassener, auch unterbewusst, und viel flexibler. Keine Gedanken “bekomm’ ich auf der Fahrt was zu Essen? Finde ich vor Ort gleich was?” Ihr könnt voll relaxt ankommen.
Jupp, das war jetzt viel Text! Während ihr den gelesen habt, sitze ich vermutlich bereits irgendwo auf meiner 6, 5 Stunden Zugfahrt nach Marseille und esse vielleicht gerade eine Avocado;-) Ich hoffe, der Beitrag inspiriert den einen oder die andere und hat ein paar hilfreiche Tipps für euch parat, die ihr vielleicht noch gar nicht so bedacht habt. Oder habt ihr sogar noch Tricks, die euch im Urlaub oder auf Reisen helfen? Dann immer her damit!
PS: Da ich den Eintrag noch vor dem Urlaub fertig kriegen wollte und etwas im Zeitdruck war, verzeiht mir eingeschlichene Rechtschreibfehler!<3
À bientôt!
Eure Marille
Wow du hast sowas beruhigendes und ich hab den Beitrag so gern gelesen.
Ich leide auch an einem Reizdarm, bloß keiner findet den Auslöser.. man denkt Stress.
Aber eigentlich habe ich nicht mehr Stress als jeder andere Mensch.
Ich habe mich jetzt aber sehr mit dem Thema befasst und probiere dem Problem auf den Grund zu gehen.
Liebe Grüße Lena von https://allaboutlifeblog.de/