So klappt Sport mit Reizdarmsyndrom – Tipps, Do’s und Don’ts

Ihr Lieben, letztes Wochenende war ich mit der Firma in Berlin deshalb kein neues Rezept und huch, heute schon wieder keins! Aber heute gibt’s einen riesigen Beitrag über Sport mit Reizdarmsyndrom, ein Thema das mir am Herzen liegt und das ich euch mit diesem Beitrag ein bisschen näher bringen will. Macht Sport und lasst euch nicht von eurem Körper ärgern!
Geht das überhaupt, Sport mit Reizdarmsyndrom?
Sicher, das ist kein Thema über das man gerne und öffentlich spricht oder diskutiert — trotzdem sind viele von uns davon betroffen und müssen sich damit auseinandersetzen, wenn sie Sport machen wollen (oder müssen). Ich eingeschlossen. Ihr fragt euch jetzt, wie ich auf dieses Thema komme? Also, ich stehe kürzlich nach dem Sport unter der Dusche — stolz, endlich mal wieder (abends!) dort gewesen zu sein und mich zusätzlich im Studio angemeldet zu haben. Und gleichzeitig voller Zweifel, ob es dieses Mal funktioniert. Denn: Ich mache seit Jahren Sport und trotzdem denke ich jedes Mal: Klappt das heute? Würde es besser klappen, wenn ich “gesund” wäre? Wie geht es anderen und wie gehen sie, also ihr, damit um? Ich schaffe es nie, über einen langen Zeitraum dabei zu bleiben, die sportfreien Phasen sind immer größer geworden, obwohl ich Sport eigentlich über alles liebe – total absurd und echt frustrierend. Bis jetzt! Seit 5 Wochen gehe ich nicht nur regelmäßig mehrmals die Woche, sondern sogar auch abends (!!!) problemlos zum Sport. Ha, nimm das, Reizdarm!
Damit ihr das hoffentlich auch bald wieder oder besser könnt, lasst uns das Thema heute mal genauer unter die Lupe nehmen. Ich erzähl’ euch mal wie das bei mir so läuft (oder eben nicht) und dann plaudern wir (oder erstmal ich) über Tipps und Tricks, Sportarten, Do’s & Don’ts, die richtige Sportkleidung aber auch über Hemmungen und Ängste die beim Reizdarm eben dazu gehören — nicht nur beim Sport.
Marille und der Sportwahnsinn
Beginnen wir doch mit ein paar Sätzen zu mir und meiner “Sportkarriere”;-) Ich habe 2010 mit dem Laufen angefangen, bis auf Halbmarathondistanz. Ich bin 4 Mal die Woche gelaufen und irgendwann zusätzlich an den anderen Tagen ins Fitnessstudio gegangen. Damals hatte ich bereits den dämlichen Reizdarm und kann also sagen, Sport mit Reizdarmsyndrom ist objektiv erstmal generell möglich. Für mich war (und ist) vor allem das Laufen und das Auspowern ein Weg, den ganzen Frust, die Wut und die Verzweiflung rauszulassen, die ich mit mir rumtrage. Außerdem stört mich mein aufgeblähter Bauch beim Laufen so gut wie gar nicht. Nur wenn es ganz schlimm ist, ist meine Atmung beeinträchtigt und es sticht. Das Stören gilt allerdings nicht für das Fitnessstudio oder generell Sport(arten), bei dem mich andere Personen genauer sehen können – wenn ich laufen bin, sieht man mich ja nur vorbeilaufen. Warum? Weil ich immer denke, über mir hängt ein großer roter Pfeil der auf meinen aufgeblähten Bauch zeigt. Natürlich völliger Quatsch, vor allem weil mich das früher mit fast 25kg mehr und ohne Reizdarm beim Sport einen Scheiß gekümmert hat. Aber ich wette viele von euch kennen das, oder? Und es ist ja nicht nur das.
Dann kamen bei mir nach und nach weitere gesundheitliche Probleme dazu, die mit großer Wahrscheinlichkeit durch den Reizdarm bzw. die Mangelernährung dadurch entstanden sind. Osteoporose in der Lendenwirbelsäule, dadurch Knieprobleme, ein chronisches Patellaspitzensyndrom, chronische Rückenbeschwerden… Ich erspare euch Details. Was ich sagen will: Trotzdem liebe ich Sport über alles und solange ich mich bewegen kann, werde ich das auch tun! Meine Laufkarriere musste ich leider wegen den Knieschmerzen und falscher Behandlung mehr oder weniger auf Eis legen und die letzten Jahre hab’ ich nur sehr sporadisch Sport gemacht, mal mehr und mal weniger. Aber: Seit Oktober mache ich, dank des Angebots meines tollen Arbeitgebers (Danke Danke Danke!), einmal die Woche Personaltraining, bin seit 1.6. wieder im Fitnessstudio und habe sogar mal wieder die Laufschuhe geschnürt. 5km, aber immerhin. Irgendwie soll es ja weitergehen, weil ich das verdammt noch mal so will. Regelmäßig und dauerhaft!
Aber wie macht man am besten Sport mit Reizdarmsyndrom? Und welchen?
Fixe Termine für Sport? Mäßig erfolgreich — also gerade Mannschaftsport, Vereine, Kurse mit festen Trainingszeiten. Sport am Abend? Schwierig – über den Tagesverlauf wird es immer schwieriger weil die Beschwerden zunehmen. Und ich kann einfach nicht voraussagen, ob es mir an Tag X zur Uhrzeit Y so gut geht, dass ich zum Sport kann. Total ätzend, weil ich so Vieles nicht machen kann. Geht euch das auch so? Weil nur jedes dritte, vierte, fünfte Mal zum Kurs/Training/ gehen und eine Einheit verpassen oder eine Mannschaft versetzen, geht ja auch nicht.
Gibt es denn Tipps und Tricks, wie ich meinen Körper austricksen kann oder was ich unbedingt vermeiden sollte? Hilft mir Sport vielleicht sogar dabei, mit meinem Reizdarm besser leben zu können?
Um das zu klären, habe ich mal mein eigenes Wissen und Erfahrungen für euch zusammengefasst und auch ein bisschen recherchiert.
Sport mit Reizdarm — die typischen Befürchtungen und wie ihr sie entkräften könnt
- Ich muss ständig auf’s Klo rennen
- Tipp: Immer schauen, dass eine in der Nähe ist. Niemand wird euch auf’s Klo folgen oder fragen warum ihr schon wieder hingeht. Wenn doch: einfach ehrlich antworten! Kostet Überwindung, aber hilft euch auch selber, weniger „Stress“ zu haben
- Ich sehe aus wie schwanger und jeder starrt auf meinen Bauch
- Tipp 1: Bequeme weite Sportsachen
- Tipp 2: Akzeptieren – für mich persönlich das allerschwierigste. Aber ich weiß, dass es wirklich niemand interessiert und aus zuverlässigen Quellen, dass es nicht mal auffällt. Nur uns selber!
- Ich habe nicht genug Kraft/Ausdauer/.. um mitzuhalten
- Tipp 1: Macht was geht! Niemand sagt, was ihr wie gut können müsst
- Tipp 2: Das haben andere auch nicht! Untrainierte, dicke, dünne, alte, faule.. ohne jemandem zu nahe treten zu wollen
- Ich kriege keine Luft weil ich so aufgebläht bin (und das ist wirklich nicht sehr lustig)
- Tipp: Lasst die geplante Einheit sausen und macht was Entspannendes, auch Yoga oder so
Kommt euch das bekannt vor? Also mir schon einige Punkte. Hier gibt es natürlich Unterschiede, auch je nach dem welchen Typ Reizdarm ihr habt. Mit Verstopfung rennt man tendenziell eher seltener auf’s Klo;-) Aber das reicht noch nicht, um einfach mit Sport loszulegen, machen wir also weiter!
Sport mit Reizdarmsyndrom – Tipps, Do’s and Don’ts
Oft sind es die kleinen Dinge, die aber eine große Wirkung haben können. Deshalb für euch meine persönlichen Tipps und was ihr vermeiden solltet:
Tagesform & Tageszeit
- Morgens habe ich das beste Körpergefühl und Aufraffen fällt mir leicht
- Das Wochenende ist ebenfalls gut zum Sport machen
- Abends ist eher kritisch, da müssen einige Faktoren stimmen — die Wahrscheinlichkeit zu “schwänzen” steigt
Ernährung
- Davor eignen sich Reis-/Maiswaffeln und Nüsse sehr gut, die liegen nicht im Magen
- Vor allem vor- und während dem Sport keine kohlensäurehaltigen Getränke trinken
- Je leichtere und verträglichere Lebensmittel ihr esst, desto besser könnt ihr Sport machen
- Nüchtern Sport mag der Reizdarm übrigens überhaupt nicht und reagiert oft mit Bauch- / Magenkrämpfen
- Manchmal sind Nahrungsergänzungsmittel nicht verkehrt, vor allem wenn ihr gewisse Mangelwerte habt. Ich nehme auf Empfehlung L-Glutamine und ein Hanfprotein-Pulver
Sportkleidung
- Für mich fast DER essentiellste Punkt! Wenn ich mich in Sportkleidung nicht wohl fühle, kann ich auch keinen Sport machen
- Kauft Hosen mit breitem elastischen Bund oder mit Gummizug zum Schnüren, die sind super (seht ihr auf den Bildern)
- Habt T-Shirts in einer Nummer größer Parat, um im Notfall den Bauch zu verstecken
- Ich liebe bunte knallige Sportoutfits, das macht mir gute Laune und motiviert mich irgendwie, doch einmal öfter zu gehen
Einstellung
- Auch ein wichtiger Punkt – ihr müsst versuchen euch so positiv wie möglich darauf einzulassen und nicht in Worst-case-Szenarien denken
- Übt, eure Befürchtungen über Bord zu werfen
- Versucht mantra-artig zu denken, wie sinnlos eure Befürchtungen sind, es geht nämlich!
- Nehmt jemand als Unterstützung mit, der euer Problem kennt, das gibt „Rückendeckung“ und derjenige wird verstehen, wenn ihr gehen wollt/müsst oder absagt
Damit solltet ihr schon einiges anfangen können. Überlegt euch doch mal, ob euch davon was bekannt vor kommt oder ob ihr vielleicht irgendwas davon bisher unbewusst macht oder nicht. Oder fällt euch noch eine persönliche Abhängigkeit ein, die euren Sport vielleicht beeinflusst?
Welche Sportart eignet sich mit Reizdarmsyndrom und welche nicht?
Auch da hab’ ich im Laufe der Jahre schon wirklich einiges ausprobiert und gebe euch eine kurze Übersicht, welche Vor- und Nachteile der jeweilige Sport in Verbindung mit einem Reizdarm hat.
- Laufen
- ist sehr gut zum Abbau von Aggressionen, Wut, Stress, Verzweiflung
- ist sehr gut für die Verdauung und bietet sich vor allem bei Verstopfung an
- geht auch mit Luft im Bauch, wenn es nicht zu krass ist
- ihr seid zeitlich und örtlich völlig flexibel – die „WC-ler“ können auch im Studio laufen;-)
- Tipp: langsam Tempo & Distanz steigern, sonst kann es Bauchkrämpfe geben
- Radfahren
- sehr gut zum Abschalten und laufen lassen und wirkt dann entspannend
- kann schmerzhaft sein, wenn man zu viel Luft im Bauch hat
- ihr seid zeitlich und örtlich völlig flexibel – die „WC-ler“ können im Studio auf’s Rad
- Schwimmen
- Absolut nichts für mich (nicht nur mit Reizdarm und aufgeblähtem Bauch)
- fühlt sich mit Luft im Bauch absolut unangenehm an
- Spazieren
- Geht absolut immer und ist super, wenn ihr euch einfach nur bewegen wollt
- ihr seid zeitlich und örtlich völlig flexibel – die „WC-ler“ spazieren einfach im Studio auf dem Laufband
- Fitness-Studio
- Kurse sind absolut motivierend und wenn man sich nicht voranmelden muss, habt ihr auch keinen „Druck“
- Ihr seid zeitlich völlig flexible und habt immer eine Toilette in der Nähe falls nötig
- Ihr könnt immer zwischen mehreren Kraft- / Ausdauergeräten wählen und sofort wechseln, wenn euch und eurem Bauch was nicht gut tut
- Mediation und Progressive Muskelentspannung
- Klingt schnöde, ist aber beides absolut empfehlenswert, wenn ihr runterkommen wollt – auch und vor allem, wenn euch der Reizdarm mal wieder stresst und ihr ausflippen könntet
- Mediation eher nicht machen, wenn ihr total aufgebläht seid, da kann das total ablenken
- Tai Chi (Gesundheit!;-))
- Hat mir gar nichts gebracht, nicht mal Entspannung
- Bietet im Hinblick auf den Reizdarm keine Vor- oder Nachteile
- Klettern
- Auch hier könnt ihr euch toll entspannen und abschalten – ihr seid viel zu konzentriert um an euren Reizdarm zu denken
- Maximal das Klettergeschirr könnte als störend empfunden werden, ich hatte aber bisher keine Probleme damit
- DVDs
- lassen sich prima daheim machen, wenn ihr etwas Platz habt — da gibt’s alles von Cardio über Yoga bis Rücken
- Sport daheim ist eigentlich das Beste, wenn euch nicht raus traut: Daheim, ungestört, wann ihr wollt, was ihr wollt
- Einziger Nachteil: Da braucht ihr wirklich Disziplin
Ich hoffe sehr, dass euch dieser Beitrag und die Tipps & Tricks, die ich euch aufgrund meiner langjährigen Erfahrung zu Sport mit Reizdarmsyndrom geben kann, helfen und motivieren. Vielleicht wollt ihr jetzt doch mal wieder einen neuen Versuch wagen Sport zu machen und wenn ihr nur ganz langsam damit anfangt. Ihr gewinnt wirklich ein Stück Lebensqualität und Normalität (zurück).
Natürlich ist alles geschriebene das was mir hilft, das kommt ein Stück weit auch auf euch und eure Krankheitsausprägung an. Wie ist das bei euch, könnt ihr Sport machen und macht ihr ihn? Welche Sportart? Habt ihr auch irgendwelche Tipps und Tricks? Dann immer her damit! Oder was hindert euch aktuell daran? Ich freue mich meeega, wenn ihr eure Erfahrungen mit mir und allen Lesern teilt und hier kommentiert. Wenn euch das zu privat oder unangenehm ist, gerne auch wie immer per e-Mail oder anderen Wegen. Ich freue mich über jedes Feedback! Gerade bei solchen Themen die wirklich privat sind und sich keiner so richtig traut darüber zu sprechen. Dabei gibt es bestimmt so viel Erfahrungen, die wir alle austauschen könnten.
Und jetzt: Rein in euer Sportoutfit! :-)
Schöne Tipps
Ich habe leider das Problem, dass Laufen bei mir gar nicht geht. Meistens bekomme ich schon nach 500m solche Bauschmerzen, dass gar nichts mehr geht. Sie fühlen sich an, wie das schlimmste Seitenstechen (ist es aber nicht). Nicht mal ein Pause hilft. Auch solche Tätigkeiten wie Springseil-Springen gehen gar nicht.
Bouldern/ Klettern geht tatsächlich gut. Radfahren ist bei nicht zu hoher Belastung ok. Zu Hause mit Fitnessbändern, Faszienrolle und Hanteln etwas Kraftsport geht auch sehr gut. Yoga ist mir langweilig, aber für den Bauch ist es gut!
Schöne Tipps. Manchmal ist es einfach auch nur beruhigend zu lesen das sich andere mit genau den gleichen Gedanken rumschlagen (Toilette, was denken die anderen oder mein Topseller bei Blähbau — was ist wenn ich im mFitnessstudio ganz laut pusen muss)
Zu wissen das man nicht alleine ist, wiegt manchmal mal als jeder Tipp.
Bin erst frisch über dein Blog gestoßen, nachdem ich mich mal auf intensive Recherchetour auf ins Internet gemacht habe. Bis auf die Diagnose “Dann wird es wohl Reizdarm sein. naja nehmen sie Tabletten gegen Reisedurchfall wenn es ganz schlimm wird” fühle ich mich von meinen Ärzten alleine gelassen.
Ich hoffe ein paar davon sind hilfreich für dich und dass du hier auf dem Blog fündig wirst und gerne auch wieder kommst:)
Ja das kann ich absolut nachvollziehen! Manchmal ist es irgendwie einfach “tröstend”, dass man sich nicht alleine damit rum schlägt. Ärzte kommen bei dem Thema einfach an ihre Grenzen hab ich über die Jahre gemerkt, einfach weil sie sich zu wenig auskennen und ein Reizdarm zu “harmlos” ist, um dringend behandelt zu werden. Seit ich das akzeptiert habe und mich selbst darum kümmere, geht’s viel besser.